Wie unterscheiden sich die Resultate im Wahlkreis Berner Jura bei den Grossratswahlen im April 2018 vom übrigen Kanton Bern? Was ist anders, was ist gleich? Diese Fragen sollen in diesem kurzen Beitrag anhand von einigen Datenvergleichen beantwortet werden – mit Blick auch auf die Nationalratswahlen in diesem Herbst.

1. Die Stimmbeteiligung

Im Vergleich zu Nationalratswahlen oder auch Gemeindewahlen ist die Stimmbeteiligung bei Grossratswahlen im Kanton Bern erschreckend gering. Weniger als ein Drittel der Stimmberechtigten, nur 30,5%, haben sich im April 2018 beteiligt. Das sind weniger als noch vier Jahre zuvor, als die Beteiligung noch 32,1% ausmachte. Wie die Grafik zeigt, waren die Zahlen in acht von neun Wahlkreisen rückläufig, nur gerade in der Stadt Bern hat sich die Beteiligung von 35,2% im Jahr 2014 auf 35,6% im Jahr 2018 leicht erhöht. Im Vergleich zu den anderen Wahlkreisen liegt der Berner Jura in beiden Jahren im Mittelfeld. Mit der Beteiligung von 33,0% im Jahr 2014 positionierte sich der Berner Jura allerdings noch leicht über dem Kantonsdurchschnitt, mit 30,2% im Jahr 2018 jedoch leicht darunter.

2. Das Parteienprofil

SVP, SP und FDP sind wie im ganzen Kanton Bern auch die grössten Parteien im Wahlkreis Berner Jura. Wie die Grafik zeigt, sind allerdings die Stimmenanteile für die SVP und die FDP im Berner Jura etwas grösser als im Kanton Bern (SVP: 29,1% gegenüber 26,8%; FDP: 14,2% gegenüber 11,5%), der Stimmenanteil für die SP etwas geringer (19,7% gegenüber 22,2%). Für den markanten Unterschied zwischen Kanton und Berner Jura stehen – nicht überraschend – die beiden separatistischen Parteien PSA und Entente PDC/MLJ: Sie kandidierten nur im Berner Jura und kommen dort als viert- und sechststärkste Partei auf einen Anteil von 13,9% (PSA) respektive 6,3% (PDC/MLJ). Ein Fünftel der bernjurassischen Wählerschaft (genau: 20,2%) hat sich demnach für separatistische Parteien entschieden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Berner Jura und dem ganzen Kanton ist aber auch das schwache Abschneiden der Grünliberalen: Sie erreichten im Kanton Bern immerhin den Anteil von 6,9%, mussten sich aber im Berner Jura mit bloss 0,7% begnügen. Die beiden von christlichem Gedankengut geprägten Parteien EVP und EDU schnitten in diesem Wahlkreis etwas schlechter ab als im Kanton Bern; die BDP verzichtete auf eine Kandidatur.

3. Gemeindestruktur und wahlspezifische Besonderheiten im Berner Jura

Im Berner Jura gibt es 53 politische Gemeinden. Die Mehrzahl davon ist auch im Kontext des Kantons Bern eher klein. Für die vorliegende Wahlanalyse gilt die Zahl der Stimmberechtigten als Indikator für die Gemeindegrösse – im Wissen natürlich, dass damit die effektiven Bevölkerungszahlen durchschnittlich um etwa einen Drittel unterschätzt werden. Zum Beispiel in Moutier, der grössten bernjurassische Gemeinde, waren 4608 Personen bei den Grossratswahlen 2018 stimmberechtigt, die effektive Bevölkerungszahl lag jedoch bei rund 7600.

Anzahl Stimmberechtigte und Stimmbeteiligung. Wie oben erwähnt, beteiligten sich im Wahlkreis Berner Jura 30,2% der Stimmberechtigten an den Grossratswahlen 2018. Auf der Ebene der Gemeinden werden dafür Werte von 7,0% in Schelten bis 70,9% in Champoz ausgewiesen. Die grafische Darstellung macht deutlich, dass die Beteiligung in kleineren Gemeinden tendenziell etwas höher ist als in grösseren Gemeinden.1 Die beiden grössten Gemeinden des Berner Juras sind jedoch Ausnahmen: In Moutier (39,5%) und Tramelan (34,0) war die Stimmbeteiligung überdurchschnittlich hoch.

Anzahl Stimmberechtigte und Stimmenanteile für SVP und SP. Was für den ganzen Kanton Bern gilt, trifft auch auf den Berner Jura zu: Je ländlicher, d.h. je kleiner eine Gemeinde, desto höhere Stimmenanteile gibt es tendenziell für die SVP.2 Im kleinen Seehof kam die SVP auf 82,9%. In Moutier, der grössten Gemeinde, lediglich auf 20,1%. Völlig aus dem Rahmen fällt in dieser Betrachtung allerdings – wie bereits durch die extrem tiefe Stimmbeteiligung von bloss 7,0% – hier noch einmal das kleine Schelten, wo die SVP keine einzige Stimme holte.

Das Spiegelbild zur SVP liefert die SP: Je grösser die Gemeinden sind, auf desto höhere Stimmenanteile kommen tendenziell die Sozialdemokraten.3 Ab besten schnitt die SP in Tramelan ab, der zweitgrössten bernjurassischen Gemeinde, wo sie auf einen Anteil von 37,5% kam. Das schlechteste Resultat erzielte sie im kleinen Roches mit 0,7%. In Moutier holte die SP einen Stimmenanteil von nur 6,4%. Klar an der Spitze lag dort die PSA mit 34,4%.

Anzahl Stimmberechtigte und Stimmenanteile für die separatistischen Parteien. In zwei Gemeinden, in Moutier mit 55,3% und in Belprahon mit 54,5%, holten die separatistischen Parteien PSA und die Entente aus PDC und MLJ zusammen die Mehrheit der Stimmen. Das überrascht vor allem für Belprahon, wo sich die Stimmberechtigten am 17. September 2017 mit 52,5% knapp für den Verbleib im Kanton Bern ausgesprochen hatten. In Sorvilier, wo diese Entscheidung mit 66,1% deutlich für den Kanton Bern ausgefallen war, kamen die separatistischen Parteien bei den Grossratswahlen auf den Stimmenanteil von 35,4%. In der Grafik zeigt sich ein schwacher Zusammenhang zwischen der Gemeindegrösse (Anzahl Stimmberechtigte) und dem Stimmenanteil für separatistische Parteien, der allerdings allein auf das Resultat in Moutier zurückzuführen ist.4

1Der Zusammenhang zwischen zwei Variablen – hier Anzahl Stimmberechtigte und Stimmbeteiligung – kann durch den Korrelationskoeffizienten r dargestellt werden. r kann Werte von -1 bis +1 einnehmen. -1 steht für einen vollständig negativen Zusammenhang (je mehr, desto weniger), +1 für einen vollständig positiven Zusammenhang (je mehr, desto mehr). Für den Zusammenhang zwischen der Anzahl der Stimmberechtigten und der Stimmbeteiligung ergibt sich r = -0.15, was auf einen schwach negativen Zusammenhang hindeutet: Mit wachsender Zahl der Stimmberechtigten sinkt die Stimmbeteiligung leicht.
2Für den Zusammenhang zwischen der Anzahl der Stimmberechtigten und dem Stimmenanteil für die SVP zeigt sich r = -0.43, was auf einen klar negativen Wert hindeutet: Je mehr Stimmberechtigte, desto geringer der Stimmenanteil für die SVP.
3Für den Zusammenhang zwischen der Anzahl der Stimmberechtigen und dem Stimmenanteil für die SP ergibt sich r = +0.31, was auf einen mittelstarken Zusammenhang hinweist: Mit wachsender Zahl der Stimmberechtigten steigt der Stimmenanteil für die SP in mittlerem Ausmass.
4Für den Zusammenhang zwischen der Anzahl Stimmberechtigten und dem Stimmenanteil für die separatistischen Parteien zeigt sich r = +0.23. Wird jedoch Moutier in diesen Zahlenreihen nicht berücksichtigt, ergibt sich r = -0.09, ein Wert, aus dem sich schliessen lässt, dass zwischen der Anzahl Stimmberechtigten und dem Stimmenanteil für separatistische Parteien kein Zusammenhang besteht.